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Pflege der Schneide

Wenn ein neues / frisch geschärftes Messer seine Schärfe verliert, ist es i.d.R. nicht erforderlich, das Messer wieder zu schärfen. In den meisten Fällen kann die Schärfe durch einfaches Abziehen wieder hergestellt werden, was wir hier erklären.

Man stelle sich vor, einen harten Kürbis mit einem superscharfen 24cm Kochmesser zu schneiden, auf HRC62 gehärtet, mit einer dünnen Schneide und einem sehr spitzen Winkel von 15° geschärft. Um den Kürbis zu durchtrennen, muss man einiges an Druck anwenden und schlägt vermutlich hart auf dem Schneidebrett auf, was zu einem Umlegen der Schneide führen kann. Damit wäre die Schärfe dahin.

Grafik umgelegte umgebogene Schneide

Dies bedeutet aber nicht, dass das Messer neu geschärft werden muss. Denn die Schneide ist nur umgelegt, nicht abgenutzt (Abb.). Um die Schärfe wiederherzustellen, muss die Schneide lediglich neu ausgerichtet werden.

 

Dazu gibt es unterschiedliche Methoden. In der Literatur redet man über Honen und Abziehen, wobei die Unterschiede verwirren können. Deshalb beleuchten wir das Thema näher:

Abziehen in ürsprünglichen Sinn ist der Prozess des Verfeinerns der Schneide nach dem Schärfen, um Rückstände, Grate und Kratzer zu entfernen und zu polieren. Aber durch Abziehen wird die Schneide auch auf- bzw. ausgerichtet.

Honen bedeutet dem Namen nach ebenfalls ein Verfeinern der Schneide. Aber da man für das Honen i.d.R. Wetzstähle verwendet, wird dadurch die Schneide eines frisch und gut geschärften Messers nicht verbessert. Ein Wetzstahl wird hauptsächlich dazu verwendet, die Schneide aus-/aufzurichten und dadurch die Schärfe wieder herzustellen. Aber abhängig von der Beschaffenheit des Wetzstahls wird auch Material abgetragen und dadurch die Schneide geschärft.

Da wir auf Abziehen und Wetzstähle bereits an anderer Stelle eingegangen sind, erklären wir nun, wie das Auf-/Ausrichten der Schneide gemacht wird:

 

Auf- bzw. Ausrichten der Schneide

Eine umgelegte Schneide kann man mit verschiedenen Werkzeugen wieder auf- bzw. ausrichten:

Abziehblock:

üblicherweise ein auf einem harten, flachen Untergrund aufgebrachter Lederstreifen

Zeitung:

mindestens 10 Seiten einer Zeitung, auf einem Tisch flach ausgebreitet

Wasserstein mit feiner Körnung:

Körnung 3000 und höher

Wetzstahl:

mit sanften oder ohne Riefen

 

Bei allen obigen Werkzeugen ist es sehr wichtig, die Klinge mit mittlerem Druck und ungefähr dem gleichen Winkel wie der an der Schneide über das Medium zu ZIEHEN (wichtig; niemals drücken!), beginnend mit einigen Zügen auf beiden Seiten, die Anzahl der Züge auf einer Seite und zum Ende hin auch den Druck reduzierend, bis final abwechselnd mit nur leichtem Druck abgezogen wird. Bei korrekter Ausführung sollte die Schärfe recht schnell wieder hergestellt sein.

Mikrofase

Wir haben mehrfach erläutert, dass dünne Schneiden anfälliger für Ausbrüche und Umlegen sind. Selbst ein sehr harter Stahl kann sich umlegen, wenn man zu hart auf eine hartes Schneidbrett schlägt. Man kann die Empfindlichkeit aber reduzieren - durch das Anbringen einer Mikrofase an der Schneide.

Eine Mikrofase ist eine zweite Fase an der Spitze der Schneide, die in einem größeren Winkel aufgebracht wird und dadurch die Schneide auf einer Mikroebene verstärkt. In Schneidleistungstests wird eine Mikrofase einerseits zu einer leichten Reduzierung der Anfangsschärfe führen, andererseits aber die Schneidhaltigkeit erhöhen, so dass die Klinge länger scharf bleibt.

 

Beim Schärfen wird die Mikrofase mit der feinsten Körnung des verwendeten Schärfers angebracht, durch wenige Zügen mit leichtem Druck von jeder Seite, mit einem erhöhten Winkel. Wenn die Klinge z.B. zuvor mit einem Winkel von 10° pro Seite geschärft wurde, sollte die Mikrofase bei ca. 15° liegen.

Hier ein Link zu einem guten Video, wo das Anbringen einer Mikrofase erklärt wird:
Grinding a micro bevel on a new knife

drawing bevel of knife blade with blade bevel edge bevel microbevel

Unter Fachleuten wird die Mikrofase kontrovers diskutiert, auch da die Effektivität bei unterschiedlichen Stählen, Klingengeomtrien und Schärftechniken variiert. Wenn man aber das Gefühl hat, dass eine hohe Schärfe nach dem Schärfen nach kurzem Schneiden verloren wird, sollte man es einmal mit einer Mikrofase versuchen.

Weiterhin können Mikrofasen dann empfohlen werden, wenn Stähle bei einem spitzen Schneidenwinkel zu Ausbrüchen tendieren, wovon in erster Linie Stähle mit hohem Karbidvolumen oder großen Primärkarbiden betroffen sind.

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